Reisebericht Irland 2008 - Tag 8
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Markt Erlbach, im Oktober/November 2008

Freitag, 10. Oktober 2008

An diesem Morgen sollte mich der Leuchtturm der Insel in der Bucht vor Ballycotton begrüßen. Naja, ganz so theatralisch war es dann doch nicht. Aber es war das Erste, was ich fotografierte [1].

Nachdem ich gestern morgen im Hotel online eine Beschwerde erhalten habe, dass ich um halb 8 noch gar nicht auf Achse bin, stand ich heute weit vor dem Frühstück auf. Meine Neugier galt dem Hotel, in dem ich eigentlich hätte sein sollen diese und nächste Nacht. Das Haus machte durchaus einen Eindruck, als ob es gerade nicht in Betrieb wäre. Ich machte ein paar Bilder vom nahen Hafen im Morgengrauen [1] und fuhr dann wieder zurück zum Hotel, das mit 3 km Luftlinie Distanz auch von meinem Hotelzimmer aus zu sehen war.

Ich nahm also mein Frühstück zu mir, was hier etwas mehr Auswahl bedeutete, ansonsten aber dem mittlerweile etablierten Standard entsprach und machte mich auf den Weg.

Erste Anlaufstelle für den heutigen Tag ist Midleton. Hier wird eine Führung durch die alte Whiskey Distillery sowohl per Beschilderung als auch in diversen Reiseführern angepriesen. Also bin ich dort hin und stellte fest, dass die erste Tour erst um 10 startet. Das würde zu knapp werden, denn heute habe ich noch einen Termin. Anscheinend sind die Iren keine Frühaufsteher: Frühstück selten vor 8, Öffnungszeiten bei irgendwelchen Attraktionen kaum einmal vor 10 Uhr. Also verließ ich das Gelände [1|2] wieder und fuhr weiter nach Cobh. In diesem Ort, zwischenzeitlich auch mal nach einem Besuch der englischen Königin Queenstown genannt, werden diverse Erkundungstouren angeboten, für eine davon habe ich mich angemeldet gehabt. Diese startet um 11 Uhr vor dem Commodore Hotel und nennt sich "Titanic Walking Trail".

Der Weg [1] nach Cobh (wie das englische Cove gesprochen, man entschied sich nur nach dem Queenstowntrauma, sich nicht zu sehr an der englischen Vorlage zu orientieren) war schnell gefunden [1]. In der Stadt selbst ist es recht schwierig, einen Parkplatz zu finden. An vielen Stellen standen Schilder, die auf ein gewisses Disk Parking hinwiesen. Ob sich das mit dem deckt, was mir als Parkscheibe bekannt ist, wusste ich nicht, ich konnte es auch nicht in Erfahrung bringen. Ich fand dann nach längerer Suche in einer engen, steilen Einbahnstraße unweit des Zentrums ein (Park)Plätzchen. Der Straßenzug namens Casement Square könnte genau so gut in San Francisco stehen [1], erinnern die Häuser im viktorianischen Stil, erst recht an dieser ziemlich steilen Straße doch an die Straßen in den Hügeln der heimlichen Hauptstadt Kaliforniens.

Ich bewaffnete mich mit meiner Regenjacke, die ich allzeit schützend über die Kamera hielt, und machte mich auf die Socken. Schuhe.

Trotz der Parkplatzsuche waren noch ein paar Minuten Zeit, um sich ein bisschen an der Promenade umzusehen. Es fuhr gerade ein Luxusliner ein, an eine Tradition anknüpfend, der sich auch der gleich folgende Spaziergang widmen sollte [1|2]. Direkt am Hafen steht dann auch die Titanic Bar [1], die, wie ich später erfahren sollte, auch eine gewisse Rolle spielte im Jahre 1912. Doch dazu später.

Ich war dann zeitig am Hotel und fand dort eine Gruppe vor, die ich fragte, ob sie für diesen Walking Trail da sind. Die verwunderten Gesichter sagten mir noch vor den gehörten Worten, dass dem nicht so ist. Also ging ich in das Hotel. Dort war am Ende eines Flurs ein Büro, das ich mit der Veranstaltung in Verbindung hätte bringen können. Dort fragte ich nach und erhielt die Information, dass der Guide der graue, bärtige Mann vor der Türe wäre.

Ich ging also wieder hinaus und traf dort einen älteren Herrn an, der dann auch die gesuchte Person war. Diese Tour wird relativ laps angeboten, so nach dem Motto, wer da ist, geht mit. Ich entrichtete meinen Obulus in Höhe von 9,50 EUR und wir warteten noch ein paar Minuten, ob nicht noch jemand mit will. Wollte aber niemand, so habe ich heute eine höchstpersönliche Führung durch Cobh erhalten, die eine geballte Ladung Informationen mit sich bringen sollte, die sich dem "einfach so mal durchfahrenden" Touristen wohl eher verschließen.

Zunächst wandten wir uns einem Denkmal [1] zu, das denen gewidmet ist, die am Nachmittag des 7. Mai 1915 auf dem Passagierdampfer RMS Lusitania, die auch ein paar Jahre das berühmte blaue Band für sich in Anspruch nahm, Opfer des Torpedoangriffes des deutschen U-Bootes U20 wurden. Dies war ein Akt des zweiten Weltkriegs, der nicht unangekündigt war und wurde im Nachhinein auch nicht als ziviler Angriff gewertet, da die Lusitania eine nicht geringe Menge an Rüstungsgütern an Bord hatte. Trotz hitziger Diskussionen rund  um eine Veröffentlichung der kaiserlichen deutschen Botschaft vom 22. April in den größten US-Zeitungen, direkt neben den Fahrplänen der Reedereien, beschloss die Reederei Cunard Line die Durchführung der Fahrt mit 1258 Passagieren in drei Klassen sowie 701 Besatzungsmitgliedern. 1198 von diesen 1959 Menschen verloren an diesem Tag ihr Leben. Ein Großteil der Rettungsaktionen wurde von Cobh (damals Queenstown) aus organisiert, die Überlebenden wurden überwiegend in der Stadt untergebracht. Die Versenkung der Lusitania war einer der größten Verluste an Menschenleben in der Seeschifffahrt.

Für diejenigen, die es interessiert, gibt es am Ende dieser Seite einen Link zu Wikipedia, wo noch weit ausführlicher über die Geschichte des Schiffes allgemein und die letzte Fahrt im Speziellen dokumentiert wird. Ich möchte Dir dies hiermit auch empfohlen haben.

Kommen wir zum Thema: Warum wurde der Weg nach der wohl berühmtesten Schiffskatastrophe der Welt benannt? Was hat Cobh mit der Titanic zu tun? Cobh war der letzte Zusteigepunkt auf dem Weg der Titanic auf ihrer Jungfernfahrt nach New York, die sie, wie wir wissen, nicht planmäßig beenden sollte. Hinter der Titanic Bar, die ich vorhin schon gezeigt habe, befindet sich der Steg, auf dem einige wenige Passagiere, von der britischen Insel kommend, das Schiff verließen und die letzten Leute zustiegen. Dies geschah allerdings nicht direkt. Von diesem Steg aus fuhren Boote - die Passagiere waren strikt nach Reiseklassen sortiert - hinüber zur Titanic, die an der Einfahrt der Bucht von Queenstown ankerte. Das erfolgte aus Zeitgründen, auch hier war Zeit Geld, und für alle Vorgänge in der Bucht von Queenstown waren gerade mal 10 Minuten einkalkuliert. Ein Bewohner der Stadt ging neben anderen hier bereits von Bord, war aber der Einzige, der Fotos von der Titanic "in Betrieb" gemacht hatte. Bilder, die von enormem historischen Wert sind.

Pat, der Guide, hatte auch ein paar Bilder dabei von alten Zeitungsausschnitten, von einigen Überlebenden, besonders von einer damals mit 6 Monaten noch sehr jungen Dame, die heute die einzige noch lebende Überlebende der Katastrophe ist. Auch diesen Steg bekam ich zu sehen. Dieser ist mittlerweile stark verrottet und ich erfuhr, dass dies bewusst so entschieden wurde. Dieser Steg ist quasi ein letzter authentischer Zeitzeuge, dem man es auch gönnen will, irgendwann zu sterben. Das bedeutet, irgendwann ist auch der letzte Balken dieser Holzkonstruktion durchgemodert und fällt in's Wasser. Ich stelle mir das sehr theatralisch vor.

Einerseits, weil ich so gefesselt war von der sehr tragischen Rolle der Stadt in der Geschichte der Seefahrt, andererseits bedingt durch das kontinuierlich in die Gegend nieselnde Wetter habe ich während der Führung keine Fotos gemacht. Auch an der St. Colman's Cathedral nicht, wo ich von den über 40 Glocken im Glockenturm erfuhr, die zu besonderen Anlässen fast jede beliebige Melodie spielen können. Süffisant wurde nachgeschoben, dass man hier wohl nie "God save the queen" hören werde.

Zum Abschluss der Tour gibt es eine Einladung in ein Pub, wo ich die Wahl zwischen Limo und Guinness hatte. Ich war mit dem Auto da, auch sonst wäre meine Wahl vielleicht nicht viel anders ausgefallen. Per Selbstauslöser machte ich noch schnell ein Bild von mir und dem netten, gewitzten Fremdenführer [1]. Dieses Pub war etwas oberhalb der Kathedrale, so dass ich zum Fotografieren wieder "runter" musste in die Stadt. Dazu lief ich erneut durch den Casement Square, kurz vor dem Torhaus, durch das man dann direkt in der "City" ankommt, hat mir ein kleiner Baumarkt (oft kurz auch DIY für do it yourself genannt) recht gut gefallen [1].

Nachdem auch dieser wichtige Punkt meiner Reise für die Nachwelt festgehalten war ging ich noch mal die Strecke durch die Stadt ab, fotografierte Denkmäler [1] und den historischen Steg auf der Rückseite [1|2] der Titanic Bar [1|2]. Vorbei an der Bar, die nach dem anderen großen Schiffsunglück benannt wurde, das mit Cobh in Verbindung steht [1]. Nachdem der Regen etwas stärker wurde suchte ich Unterschlupf in der Kathedrale. Einerseits, für ein Örtchen von gerade mal gut 6.000 Einwohnern ein recht prachtvoller Bau [1|2|3|4], andererseits muss man berücksichtigen, welche Bedeutung dieser Ort in Zeiten hatte, als die großen Ozeandampfer Europa mit der "schönen neuen Welt" verbanden.

Ursprünglich hatte ich vor, heute schon mal den Besuch bei Mizen Head vorzuziehen, die südwestliche Spitze des irländischen Kleinkontinents. Nachdem sich jedoch sowohl laut Tante Navi als auch gemäß Verkehrslage abzeichnete, dass das nur unnötig stressig zu werden drohte und auch das Wetter nicht allzu gute Sicht versprach entschied ich mich um. Also drehte ich nach wenigen Kilometern schon um und begab mich erneut auf den Weg nach Midleton. Dabei führte der Weg durch Cork, wo das dortige College sehr dominant in's Auge sticht [1].

Wie auch immer, diese Umkehr sollte ich noch bitter bereuen. Tante Navi schickte mich direkt in die Innenstadt von Cork. Nicht, weil die Tante inkompetent ist sondern einfach, weil die Verkehrsplaner von Cork ... äh ... Cork? Verkehrsplaner? Haha! Stelle Dir einfach mal vor: Eine Stadt an einer größeren Bucht an der Küste, rund 190.000 Einwohner (Wikipedia, 2006). Hier treffen sich 5 oder 6 dieser National Roads (etwa wie unsere Bundesstraßen), teilweise zweispurig, es gibt faktisch keine (ernsthaft als solche zu bezeichnende) Umgehung, nicht mal eine mit zigtausenden von Kreisverkehren. Somit laufen innerstädtischer Verkehr, Transitbewegungen und Pendlerfahrten in der Innenstadt zusammen. Nicht nur das: Die Straße, die ich hier gerade offiziell befahre wird im Bereich der Fußgängerzone durchquert von rund einem halben Dutzend Zebrastreifen. Verkehrsverhältnisse, die begleitet von Autofahrern, die sich minutenlang an grünen Ampeln ergötzen können anstatt einfach los zu fahren und Leute, die sich auch hier mitten auf der Straße von ihren Chauffeuren absetzen lassen, verschärfen die Umstände zusätzlich bis zur Unerträglichkeit.

Die erwartete Ankunft in Midleton verschob sich von Minute zu Minute nach hinten, mittlerweile locker mal 40 Minuten (in der Zeit bin ich hier jetzt etwa 2 km vorangekommen), ich weiß nicht, wann dort die letzte Führung startet, damit steigt die Spannung von Minute zu Minute exponential. Und nicht nur die Spannung! Mittlerweile bin ich an dem Punkt, dass ich mich einfach nur wundere, dass die häufigste Todesursache in Irland (oder zumindest in Cork) nicht verkehrsbedingte Amokläufe sind.

Doch bevor der damals live erlebte Gram wieder in mir hochkocht nur kurz noch ein weiterer Fakt: Für die etwa 20 km Luftlinie von Cork nach Midleton auf relativ gerader Strecke (lass es mal 22 km sein insgesamt) habe ich, gemessen an den Aufnahmedaten meiner Bilder, sage und schreibe 1 Stunde 20 Minuten benötigt. Ein guter Marathonläufer ist da schneller.

Wie dem auch sei, ich habe Midleton dann irgendwann mal erreicht, und zwar - man röhre und staune - sogar noch rechtzeitig zu einer der geführten Touren durch die alte Jameson Whiskey Distillery. Nachdem ich die fälligen 12,50 EUR gelöhnt hatte schlug ich die Zeit tot, indem ich  mir den Gift Shop und ein paar ausgestellte Exponate angesehen habe [1|2]. Ähnlich wie in der Guinness Brauerei ist in dieser stillgelegten Fabrik nur die Herstellung zu sehen, wie sie früher ablief. Auch hier zieht sich ein Faden durch die Ausstellung, der mit den Rohstoffen beginnt und philosophisch sowie PR-tauglich fortgeführt wird [1|2|3|4|5]. Gegen Ende der Führung, die kreuz und quer durch das Gelände führt und teilweise unter freiem Himmel stattfindet, wird dann noch der Lagerungs- und damit Reifungsprozess beschrieben und dargestellt, wie sich der Whiskey im Lauf der Jahre im Fass entwickelt [1|2]. Nach einem letzten Bild der Lagerhalle [1] (ich tippe, das sind nur Dekofässer) ging es zurück zum Eingangsgebäude.

Im dortigen Restaurant werden zunächst die Namen der Teilnehmer abgefragt, da es danach noch eine Urkunde für jeden gibt. Da leg ich großen Wert drauf, ehrlich! Dann wird in Plastikbechern in der Größe eines Schnapsglases Whiskey aus den klassischen Herkunftsgebieten Irland (freilich Jameson), USA und Schottland serviert. Es werden noch Erklärungen abgeliefert und man darf sich mal durchprobieren. Es folgt die Abfrage, welcher Whiskey denn der leckerste von den dreien sei. Eine ganze Reihe Leute war so anständig, Jameson zu sagen, ein paar Quertreiber entschieden sich für einen anderen der beiden und ich habe mich auf ein diplomatisches "No favorite" festgelegt. Anstandshalber.

Nach diesem Programmpunkt hielt ich den Tag für ausgefüllt genug, ich fuhr unter ständiger Begleitung typisch irischen Wetters [1] zurück zum Garryvoe Hotel und beendete den Abend.

Weiterführende Informationen:
[RMS Lusitania] - Ausführlicher, sehr interessanter Beitrag der deutschsprachigen Wikipedia

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